

Warum ein Wasserbaulabor?
In den 2000er Jahren zeigte sich mehr und mehr, dass diverse Berechnungsmethoden, zum Beispiel betreffend Sedimenttransport, im Vergleich zu den Beobachtungen in der Natur beschränkte Gültigkeit haben. Das wurde durch numerische Simulationen und schon recht große Modellversuche bestätigt, deren Ergebnisse in der Natur jedoch nicht bestätigt werden konnten. Es kristallisierte sich immer mehr heraus, dass eine mögliche Erklärung für die Unterschiede im verwendeten Maßstab der Modellversuche zu finden ist, worin die entscheidenden Prozesse und die entsprechenden hydrodynamischen Vorgänge nicht ausreichend repräsentiert sind. Außerdem zeigten sich Grenzen der Modellversuche in Bezug auf z.B. den Einfluss der Vegetation auf das Abflussverhalten, das Verhalten von Fischen oder auch das Abdrift-Verhalten von Menschen bei Hochwasser. Aus diesem Problem heraus wurde das Projektziel entwickelt einen möglichst großen Maßstab (bis zu 1:1) zu erreichen und über die bisherigen Möglichkeiten von existierenden Labors hinaus zu gehen. Dabei war rasch klar, dass ein großer Durchfluss notwendig ist, der für das Wasserbaulabor mit 10m³/Sekunde festgelegt wurde. Da diese große Wassermenge nicht nachhaltig gepumpt werden kann, wurde das Projektziel entwickelt, im Freispiegel, das heißt ohne Pumpen, Wasser aus der Donau, die 3 Meter höher als der Donaukanal liegt, zu entnehmen und durch das Labor zu leiten. Dazu war es erforderlich die technische und budgetäre Umsetzbarkeit zu überprüfen.

Was ist die Idee?
Mit 10.000 Liter Durchfluss pro Sekunde ohne Pumpen besitzt das neue Wasserbaulabor ein weltweites Alleinstellungsmerkmal. Modellversuche bis zu 1:1 werden das Wissen über Nutzung und Schutz von Flüssen fördern. Diese Einrichtung ermöglicht Grundlagen- und angewandte Forschung, die weltweit einzigartig ist. Die Forschungsthemen umfassen die Bewegung des Wassers und der Sedimente ebenso wie die Ökologie und Nutzung der Fließgewässer (Maßnahmen), Hochwasserrisikomanagement (von Überflutungsflächen bis zu mobilem Hochwasserschutz), Fluss(rück)bau (Schwerpunkt Feststoffhaushalt), Erneuerbare Energien (nachhaltige Wasserkraft), Wasserstraße und Niederwassermanagement bei Trockenheit unter Klimawandel. Der Wasserspiegelunterschied von drei Metern zwischen Donau und Donaukanal ermöglicht es, dass das Wasser ohne Pumpen und damit ohne Fremdenergie durch das Labor fließen kann. Diese Eigenschaft macht das BOKU Wasserbaulabor zu einer weltweit einzigartigen Forschungseinrichtung mit konkurrenzlosen experimentellen Bedingungen.




Wie wurde diese Idee umgesetzt?
Es dauerte 14 lange und aufregende Jahre und die Überwindung verschiedener Hindernisse von der ersten Idee bis zur Fertigstellung des Gebäudes. Die Bauzeit betrug drei Jahre.
Die Gesamtkosten von rund 49 Millionen Euro wurden vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (über vier EU Projekte mit Ungarn, Slowakei und Tschechien sowie über das Programm Investitionen in Wachstum und Beschäftigung Österreich), der Stadt Wien und dem Land Niederösterreich sowie den Bundesministerien für Bildung, Wissenschaft und Forschung, für Landwirtschaft- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft, für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie sowie vom Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft getragen.
Auf insgesamt 12300 m² finden Lehre und Forschung in unterschiedlichen Nutzungszonen statt: ein Hörsaal und Seminarraum für rund 200 Studierende, 2 Großlaborflächen (Main Channel und River Lab) mit 3500 m², ein Public Lab mit 400 m², ein Outdoor Lab und Speziallabore sowie Sitzungsräume und eine Bibliothek, und Arbeitsplätze für 100 Personen im Bürotrakt auf drei Stockwerken.
Neben dem Institut für Wasserbau, Hydraulik und Fließgewässerforschung ist das Institut für Wasserbau und Hydrometrische Prüfung (Bundesamt für Wasserwirtschaft) ebenfalls in das Wasserbaulabor übersiedelt, die Infrastruktur wird also effizient genutzt.